GEBEN UND ANNEHMEN – eine Lebensgeschichte

Geben und Annehmen

Geben und Annehmen

Kürzlich in einer kleinen Shoppingmall in einem Nachbarsland ist mir ein junger, fremdländisch aussehender Mann aufgefallen. Als hätte er bemerkt, dass ich ihn beobachte, wie er lässig in einen übergrossen Buchstaben gekrümelt in sein Handy vertieft ist, schaut er auf und strahlt mich an. Er hat mich das Geben und Annehmen neu gelehrt. 

Völlig locker fragt er mich nach 20 Euro. Ohne mit der Wimper zu zucken greife ich in meine Tasche, hole einen Schein raus und gebe es ihm, einfach so, weil es sich in dem Moment richtig anfühlt. Weil ich es habe und er anscheinend grad nicht. Weil die pure Geste des Gebens mir Freude macht, weil ich so auch ihm eine Freude machen kann. 

Er versichert mir, dass er mir das Geld zurückgeben werde. Ohne Erwartung dieses jemals wiederzusehen, tauschen wir unsere Nummern aus. Tage später meldet er sich  bei mir und wie er so nach meinen Bankdaten fragt kommt erste Skepsis auf. Ich soll die Karte fotografieren und ihm schicken. Doch ich vertraue ihm und tatsächlich, er überweist mir das Geld.

Nur weil ich seinen Stolz nicht verletzen möchte nehme ich das Geld von ihm an, nicht weil ich es annehmen möchte. Für mich ist Geben ist so viel einfacher als Annehmen. Doch das Annehmen ist eben auch eine Form des Gebens. Indem ich so meinem Gegenüber ermögliche, mir auch eine Freude zu machen. 

Schliesslich sind wir in Kontakt und er erzählt mir ein bisschen von seiner Geschichte. Von seiner tagelangen Flucht, was mit seiner Familie passiert ist und von seiner Freundin. Wie er jetzt an der Grenze arbeitet, freiwillig und ohne Bezahlung, weil er Menschen in Not helfen will. Das ist seine Form des Gebens. 

Was für unglaubliche Welten da für mich aufgegangen sind durch diese einfache Geste des Gebens und wieder Annehmens. 

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